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Bildpolitiken Notizen zur Geschichte der Frauenbewegung
Hinter der Idee, notizenhaft aus der Gechichte feministischer Kämpfe zu zitieren, steht das Interesse an der Frauenbewegung als einer in hohem Masse selbstorganisierten Emanzipationsbewegung. Die sich durch die Sichtungs- und Rechercheräume von „Skype Meetings“ ziehende dokumentarische Ebene erhebt nicht den Anspruch auf (wissenschaftliche) Vollständigkeit, sondern möchte die Aktualität der „Skype Meetings“ historisch rahmen. Es geht darum, schlaglichthaft eine lange Tradition zu beleuchten, die im Kontext heutiger Emanzipationsbewegungen oft nicht mehr genügend reflektiert wird. Die Frauenbewegung zeigt beispielhaft, dass Selbstorganisation alles andere als eine postmoderne Erfindung darstellt. Um sich Öffentlichkeiten zu verschaffen, mussten sich Frauen im Laufe der Geschichte zwangsläufig selbstorganisierbarer Medien bedienen.
Um Spuren feministischer Bildpolitiken zurückzuverfolgen wurden in einem ersten Schritt ausgewählte Archive besucht: das Archiv zur Geschichte der schweizerischen Frauenbewegung (Gosteli-Stiftung) in Worblaufen/Bern, Espace Femmes International (efi) bzw. das gerade im Aufbau befindliche Archives MLF (Mouvement de Libération des Femmes) in Genf, das Centre International de Recherches sur l'Anarchisme (CIRA) in Lausanne und das Schweizerische Sozialarchiv in Zürich. Die Auswahl der Archive bedeutet eine Fokussierung des schweizerischen Kontextes, während die Ausstellung als ganze v.a. auch transnationale Beziehungen ansprechen möchte.
Die „Notizen zur Geschichte der Frauenbewegung“ geben Einblicke in Archive, die sich hauptsächlich oder innerhalb einzelner Bestände der Frauenbewegung widmen. Hinzu kommt, dass es sich bei der Präsentation der ausgewählten Archivalien um kopierte sowie grösstenteils verkleinerte Verweise auf die „Originale“ handelt. Es zeigen sich visuelle Sprachen, Symbole, Graphiken und Schlagworte, die in Variationen von der jeweiligen Zeit geprägt durch die Geschichte der Frauenbewegung hindurch wiederkehren. Aber auch Widersprüche werden sichtbar, etwa indem die SAFFA (Schweizerische Ausstellung für Frauenarbeit) ein ganz anderes Bild der Rolle von Frauen in der Arbeitswelt zeichnet als radikale Feministinnen. Verbindungen und Differenzen innerhalb der vielgestaltigen Bildproduktion der Frauenbewegung des 20. Jahrhunderts zeichnen sich ab. Darüber hinaus schaffen die historischen Rückblicke Verweise zu den verschiedenen auf die aktuelle (Arbeits-)Situation bezogenen Ausstellungsmodulen. Das Geschichtliche wird auf diese Weise zum Arbeitsmaterial, das ein assoziatives Feld öffnet und Fragen aufwirft: Inwieweit haben sich die Medien(-nutzungen) gewandelt, sind neue dazu gekommen oder alte verloren gegangen oder sind sie sich teilweise vielleicht erstaunlich ähnlich geblieben? Die in „Skype Meetings“ vorgestellten Medien von der Zeitschrift über den Film und das Radio bis hin zum Open Desktop und den Gesprächen via Skype ermöglichen solche Vergleiche. Etwa, wenn aus den historischen Archiven die Titelseite einer Zeitschrift zum Vorschein kommt, die wiederum im aktuellen Zeitschriftenarchiv vertreten ist: Die Frauenzeitung FRAZ damals und heute. Oder, wenn in einem Skype-Dialog von Arbeitskämpfen die Rede ist, die ebenso in den Dokumenten der Vergangenheit zur Sprache kommen. Fragen ergeben sich aber auch, weil die historischen Zeugnisse aus ihrem Kontext heraus genommen sind: Aus welcher Zeit mag dieses Plakat oder jene Statistik stammen? Vielleicht sind wir überrascht, wie modern die Forderungen von Frauen Anfang des vorigen Jahrhunderts klingen, oder aber, wie fern uns die Ästhetik der 1990er Jahre bereits ist.
Während die übrigen Module von „Skype Meetings“ räumlich voneinander getrennt sind, ziehen sich die „Archivmitbringsel“ wie ein roter Faden durch die Ausstellung. Es sind Gedankennotizen, Fussnoten, die vorwärts und rückwärts gelesen werden können. Sie rufen zu Seitenblicken auf, lenken vom Bildschirm, der Zeitschrift oder den Radiogeräuschen ab und ermöglichen darüber hinaus einen anderen Gang durch die Ausstellung ein Gehen von Raum zu Raum ohne sich in einzelnen Kojen spezifisch zu verorten.
Schliesslich geht es nicht nur darum, die Geschichte der Frauenbewegung innerhalb der heutigen Diskussion im Auge zu behalten. Es gilt auch, sich die wichtige Funktion des Mediums Archiv zu vergegenwärtigen. Gerade bei unabhängigen, emanzipativen Bewegungen, die sehr stark auf informellen Netzwerken und Kommunikationsformen beruh(t)en, ist die Gefahr gross, dass deren Zeugnisse verloren gehen die Flugblätter im wörtlichen Sinne unauffindbar davonfliegen. Und damit kommt auch die Frage auf, wer denn eigentlich die Medien der gegenwärtig aktiven sozialen Bewegungen sammelt.
Durch die freundliche Erlaubnis, Dokumente zu kopieren, haben die besuchten Archive dazu beigetragen, die „Notizen zur Geschichte der Frauenbewegung“ in der Shedhalle sichtbar zu machen. In diesem Sinne ein herzlicher Dank an das Archiv zur Geschichte der schweizerischen Frauenbewegung (Gosteli-Stiftung) in Worblaufen/Bern, Espace Femmes International (efi) und Archives MLF (Mouvement de Libération des Femmes) in Genf, das Centre International de Recherches sur l'Anarchisme (CIRA) in Lausanne und das Schweizerisches Sozialarchiv in Zürich. |