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AUSSTELLUNG 1994

when tekkno turns to sound of poetry
vom 1994-06-25 bis 1994-08-14

Eröffnung: 1994-06-25

Der Begriff der 'Concept art' steht für eine künstlerische Tendenz Ende der sechziger und Anfang der siebzieger Jahre, die anstelle einer objektgebundenen Ausführung die Idee zum Informationsträger der Kunst erhebt. Der Diskussion um die 'neuen Technologien' liegt die verbreitete Vorstellung zugrunde, 'Realität' setze sich aus informationellen Systemen zusammen. "when tekkno turns to sound of poetry" problematisiert diese Vorstellung im Hinblick auf den Status 'neuer Technologien' für das Selbstverständnis von Kunst. Unser Interesse gilt dem Stellenwert von Information als zeichencodierte Schrift innerhalb der Wirkungsgeschichte sog. Post-Object- bzw. Concept art. Der Bezug auf den technologisch-wissenschaftlichen Bereich stellt sich über Familienähnlichkeiten bei der Repräsentation von Raum und Körper durch den Gebrauch von Schrift her.

aus der Thematisierung von Schrift als Technologie bzw. der Thematisierung von Technologie als Schrift ergibt sich eine Reihe von Fragen: Welche Konsequenzen folgen aus der Annahme, dass die Ersetzung des (Kunst-) Objekts durch eine Referenz auf 'Sprache' eine mögliche Befreiung von materiellen Bezügen, mit anderen Worten eine potentielle Aussparung von Körper und Raum im Kontext gesellschaftlicher Produktionsverhältnisse zu leisten in der Lage sei? was bedeutet eine solche Annahme für das gängige medientheoretische Postulat, demzufolge die elektronischen Medien das europäische Schriftmonopol abgelöst haben? Wie ist im Hinblick auf eine solche Aufwertung der 'neuen Technologien' das nachhaltig wirkende Image der frühen Konzeptkunst zu beurteilen, letztlich wie ein Computerprogram zu funktionieren - also die nicht sichtbare Maschine und auch nicht ihr ausgerechnetes Ergebnis zu sein, sondern vielmehr ihre mentale Struktur, die mit beliebigen Variablen ausgestattet werden kann?

Der Einsatz von "when tekkno turns to sound of poetry" gilt der folgenreichen Definition von Schrift als Speichermedium, wie sie im Kontext einer noch relativ jungen Kunst- und Technologiediskussion anzutreffen ist - eine Diskussion, in die wir uns generationsspezifischen Gründen auf unterschiedliche Weisen eingebunden fühlen. Gemeinsamer Ausgangspunkt ist die Problematisierung der Objektorientierung 'Frau', der es mithilfe einer (Selbst-)Thematisierung durch Medien- und Kunsttheorie adoptierter Subjektkonzeptionen zu entgegnen gilt. Der politischen Funktion einer Verschriftlichung von Raum und Körper kommt hierbei zentrale Bedeutung zu: Die Behauptung, dass Gen-, Reproduktions-, Kommunikation- und Informationstechnologien einen Text formieren, hinter den das 'lesende' Subjekt zurücktritt, ist nicht zuletzt dem Umstand geschuldet, dass sich ein Grossteil solcher Technologien und Datenbanken im Besitz multinationaler Unternehmen befindet. Es wäre verfehlt zu glauben, spätkapitalistische Eigentumsverhältnisse suchten sich nicht in herrschender Schrift- und Informationslogik zu materialisieren. Das postmateriell-technologiephilosophische Reden über die zunehmende Immaterialisierung von Körper und Raum und die damit parallel gedachte Auslöschung von Sujekt und Perspektive stolpert über die eigene Option, nach der die Existenz von Sprache, die Existenz dessen, worüber sie spricht, offenbar verändern kann.

Der informationellen Logik gentechnologischer und biomedizinischer Anwendung auf den Körper geht Renate Lorenz in der von ihr zuvor in der Shedhalle organisierten Ausstellung GAME GIRL nach. "when tekkno turns to sound of poetry" schliesst mit der Frage nach dem Beteiligungsgrad konzeptkünstlerischer Image-Logik an den gesellschaftspolitisch erfolgreichen Einsatz 'neuer Technologien' an.

KünstlerInnen: Bettina Allamoda (Berlin), Ute Meta Bauer (Stuttgart), Tatjana Beer (Hamburg), Elfe Brandenburger (München), Sabeth Buchmann (Berlin), Eva Grubinger (Berlin), Natascha Sadr Haghighian (Berlin), Judith Hopf (Berlin), -Innen (Hamburg), Christin Lahr (Berlin), Pia Lanzinger (München), Renate Lorenz (Düsseldorf/Zürich), Mo Loscheder (Berlin), Katrin v. Maltzahn (Berlin), coop v. osten (Berlin), Constance Penley (Santa Barbara), Uebung am Phantom: Anke Kempkes/Eva Peters/M.Rinck/Stefanie Schulte Strathaus (Berlin), T.C. Pollmann (Berlin), Juliane Rebentisch (Berlin), Kathrin Röggla (Berlin), Martha Rosler (New York), Waltraud Schwab (Berlin), Mano Wittmann (München)